Was ist die Vorfälligkeitsentschädigung bei einer Baufinanzierung?
Die Vorfälligkeitsentschädigung ist eine Gebühr der Bank. Sie dient als Art Schadensersatz, wenn Kreditnehmer ihre Baufinanzierung vor Ablauf der Sollzinsbindung kündigen. Aufgrund des daraus resultierenden Zinsverlustes darf der Kreditgeber diese Gebühr in Rechnung stellen.
Die Höhe der Vorfälligkeitsentschädigung ist abhängig von der Restschuld und der Restlaufzeit. Daher kann die Gebühr mehrere Zehntausend Euro betragen. Immobilienbesitzer, die ihr Objekt verkaufen oder ihr Darlehen aus anderen Gründen vor Ablauf der Sollzinsbindung kündigen, müssen diese zusätzlichen Kosten berücksichtigen.
Wann verlangen die Banken eine Vorfälligkeitsentschädigung?
Die Banken dürfen nicht in jedem Fall eine Vorfälligkeitsentschädigung bei der Kündigung einer Baufinanzierung verlangen. Wann sie dies dürfen, ist vom Zeitpunkt der Kündigung abhängig.
Wird der Vertrag während der regulären Laufzeit beziehungsweise früher als zehn Jahre nach Vertragsabschluss aufgehoben, darf die Bank eine Gebühr verlangen. Die Vorfälligkeitsentschädigung tritt in Kraft, sobald die gesamte Darlehenssumme zurückbezahlt ist. Erst dann gilt die Finanzierung als aufgelöst.
Allerdings muss die Bank einer vorzeitigen Rückzahlung und damit der Kündigung nicht zustimmen. Sie kann den Wunsch des Kunden auch ablehnen. Doch dient das Darlehen zur Finanzierung einer Immobilie und wird diese verkauft, muss der Kreditgeber die Vertragsauflösung durchführen – und darf eine Vorfälligkeitsentschädigung verlangen. Selbiges gilt auch dann, wenn der Kreditnehmer eine Erhöhung der Finanzierungssumme beantragt. Lehnt die Bank den Antrag ab, darf der Kredit vorzeitig ausgeglichen werden.
- Kündigt die Bank den Kreditvertrag wegen Nichtzahlung der Raten, fordern die Darlehensgeber eine Gebühr für den „Erfüllungsschaden“. Dafür darf sie nach Auffassung des BGH Schadensersatz von maximal 2,5 Prozent über dem Basiszins verlangen.
Wie hoch ist die Vorfälligkeitsentschädigung bei der Baufinanzierung?
Seitens des Gesetzgebers gibt es keine Regelungen, wie eine Vorfälligkeitsentschädigung berechnet wird. Daher landen immer wieder Fälle vor Gericht. Obgleich die Banken dazu verpflichtet sind, ihre Berechnung transparent offenzulegen.
Für die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung gibt es zwei Varianten: Die Aktiv-Aktiv-Methode und die Aktiv-Passiv-Methode. Letzteres kommt häufiger zum Einsatz.
Aktiv-Aktiv-Methode | Aktiv-Passiv-Methode |
Hierbei geht die Bank davon aus, dass sie den vorzeitig zurückbezahlten Betrag an einen anderen Kunden verleihen kann. Ist der Marktzins jedoch zwischenzeitlich gesunken, entsteht dem Kreditgeber ein Verlust. Diesen stellt sie dem Kunden in Rechnung. Diese Methode ist für die Kreditgeber meist günstiger, wird aber selten von den Banken genutzt. | Bei dieser Methode geht die Bank davon aus, dass sie die restliche Darlehenssumme am Kapitalmarkt anlegt. Dabei berücksichtigt sie einerseits die Höhe der Rendite bei gleicher Laufzeit und andererseits die Gewinne aus dem Vertragszins, wenn der Vertrag nicht gekündigt worden wäre. Die Vorfälligkeitsentschädigung berechnet sich aus der Differenz zwischen der Rendite am Kapitalmarkt und dem Vertragszins. |
Die Aktiv-Passiv-Methode ist die häufiger genutzte, aber auch teurere Variante der Vorfälligkeitsentschädigungsberechnung. Denn ist der Zins auf dem Kapitalmarkt niedrig, resultiert daraus eine hohe Differenz zum Vertragszins. Entsprechend hoch fallen die Gebühren aus. Allerdings hat der Bundesgerichtshof mit einem Urteil (AZ: XI ZR 27/00) sichergestellt, dass die Banken nicht absichtlich die niedrigste Geldanlage wählen dürfen. Stattdessen muss bei der Berechnung der Zins für Hypothekenpfandbriefe verwendet werden.
- Trotz des Urteils haben die Banken weiterhin Spielraum bei der Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung. Denn sie können das Bearbeitungsentgelt individuell festlegen und dieses kann mehrere Hundert Euro betragen.
Beispiel: So hoch ist die Vorfälligkeitsentschädigung
Ein Kreditnehmer hat zum 01.03.2015 ein Darlehen über 200.000 Euro abgeschlossen. Die Zinsbindung beträgt 15 Jahre und der Sollzins lag bei 2,5 Prozent. Die anfängliche Tilgung betrug zwei Prozent. Bei der Kündigung 2021 lag die Restschuld bei 172.971 Euro.
Zinsschaden | 19.383 € |
– Risikoersparnis | 655 € |
+ Bearbeitungsentgelt | 200 € |
– Verwaltungskostenersparnis | 204 € |
= Höhe der Vorfälligkeitsentschädigung gesamt | 18.723 € |
Der Kunde muss in dieser Beispielrechnung eine Vorfälligkeitsentschädigung in Höhe von 18.723 Euro bezahlen.
Wie kann ich meine Baufinanzierung ohne Vorfälligkeitsentschädigung kündigen?
Wer sein Darlehen vorzeitig ablöst, ist dazu verpflichtet, Gebühren zu bezahlen. Jedoch gibt es Ausnahmen von dieser Regel:
- Das Darlehen nach zehn Jahren Laufzeit kündigen
Wer eine Baufinanzierung mit einer Sollzinsbindung von 15, 20 oder 25 Jahren abgeschlossen hat, kann den Vertrag dennoch nach zehn Jahren kündigen. Und zwar ohne Vorfälligkeitsentschädigung. Stichtag für die 10-Jahres-Frist ist der Termin, zu dem das Darlehen vollständig ausbezahlt wurde. Zudem ist eine Kündigungsfrist von sechs Monaten zu beachten.
- Widerrufsbelehrung prüfen
Viele Banken haben in den letzten Jahren fehlerhafte Widerrufsbelehrungen in ihren Kreditverträgen genutzt. Findet sich ein solcher Fehler im Vertrag, darf das Darlehen widerrufen werden. In diesem Fall lässt sich der Kredit ohne Vorfälligkeitsentschädigung zurückzahlen.
Das ewige Widerrufsrecht gilt jedoch nur noch für Verträge, die vor dem 10. Juni 2016 abgeschlossen wurden. Für Kreditverträge nach diesem Termin erlischt das Widerrufsrecht ein Jahr und 14 Tage, auch wenn die Belehrung fehlerhaft war.
Hinweis: Seit 2016 müssen die Banken ihre Kunden detailliert darüber informieren, wie sie die Vorfälligkeitsentschädigung berechnen. Sind im Darlehensvertrag nur unzureichende Angaben dazu zu finden, hat die Bank keinen Anspruch auf diese Gebühr.
- Einvernehmliche Kündigung anstreben
Wird das Darlehen durch ein höheres ersetzt, ist es sinnvoll, sich das Angebot dafür bei der Hausbank einzuholen. Denn stimmt die Bank ausdrücklich der Kündigung zu, verzichtet sie auf die Gebühren bei einer vorzeitigen Vertragsauflösung.
- Sondertilgungen nutzen
Sondertilgungen sind zusätzliche Zahlungen, die neben der regulären Rate erbracht werden können. Sie dienen dazu, die Restschuld schneller zu tilgen. Wird das Darlehen mithilfe der Sondertilgungen vorzeitig zurückbezahlt, darf die Bank keine Vorfälligkeitsentschädigung verlangen. Doch Vorsicht: Wie hoch die zusätzlichen Zahlungen sein dürfen, ist vertraglich geregelt.
- Besonderheiten bei variablen Darlehen
Bei einem variablen Darlehen wird der Zinssatz regelmäßig den Marktgegebenheiten angepasst. Für diese Finanzierungsform gilt eine Kündigungsfrist von drei Monaten. Zudem darf die Bank keine Vorfälligkeitsentschädigung verlangen.
Lassen Sie sich jetzt beraten
Eine Vorfälligkeitsentschädigung kann einen Immobilienkredit maßgeblich verteuern. Daher sollte die vorzeitige Kündigung des Vertrages gut durchdacht sein. Unsere Baufinanzierungsexperten unterstützen Sie. Wir berechnen nicht nur, wie hoch die Gebühren für Sie ausfallen. Gemeinsam finden wie auch die optimale Lösung für Ihren Bedarf und Ihre Lebenssituation.