Was ist eine Baufinanzierung ohne Eigenkapital?
Bei einer Baufinanzierung ohne Eigenkapital handelt es sich um einen Immobilien- oder Baukredit, der den vollen Kauf-/Baupreis einer Immobilie abdeckt. Vereinfacht wird dieses Darlehen als Vollfinanzierung bezeichnet. Dabei gibt es zwei wesentliche Unterschiede, die davon abhängig sind, ob die Kauf- oder Baunebenkosten mitfinanziert werden müssen.
100-Prozent Finanzierung
Bei dieser Variante wird mit dem Darlehen die volle Summe der Immobilie abgedeckt. Nebenkosten wie die Grunderwerbssteuer, Grundbucheintrag und Maklercourtage werden hingegen mit Eigenkapital finanziert.
110-Prozent Finanzierung
Bei dieser Finanzierungsform muss nicht nur die gesamte Summe für die Immobilie über das Darlehen finanziert werden. Auch die Kauf- oder Baunebenkosten werden mit dem Kredit gedeckt. Dementsprechend bringen die Eigenheimbesitzer kein Eigenkapital ein.
Hinweis: Kauf- oder Baunebenkosten sind alle Kosten, die zusätzlich zum Bau oder Erwerb der Immobilie anfallen. Dazu zählen unter anderem der Grundbucheintrag, Notar- und Maklergebühren, Grunderwerbssteuer. Diese belaufen sich im Regelfall auf 10 bis 15 Prozent des Kaufpreises.
Ist eine Baufinanzierung ohne Eigenkapital möglich?
Experten empfehlen, mindestens 20 Prozent des Bau- oder Kaufpreises als Eigenkapital aufzubringen. Doch nicht immer ist das machbar. Während früher keine Kredite ohne eigene finanzielle Mittel vergeben wurden, haben sich die Banken mittlerweile angepasst. Eine Baufinanzierung ohne Eigenkapital ist somit möglich. Die aktuell niedrigen Zinsen schaffen auch für Käufer ohne Geldmittel gute Bedingungen, den Traum vom Eigenheim zu verwirklichen.
Um eine Immobilienfinanzierung ohne Eigenkapital zu erhalten, gelten allerdings strenge Voraussetzungen. Für die Banken bedeutet diese Darlehensform stets ein höheres Risiko. Daher müssen die Antragsteller über eine sehr gute Bonität verfügen. Außerdem ist eine 100-Prozent oder 110-Prozent Finanzierung immer teurer als ein klassisches Darlehen.
Voraussetzungen für eine Baufinanzierung ohne Eigenkapital
Eine Vollfinanzierung bedeutet für den Kreditgeber ein hohes Risiko, weshalb eine umfangreiche Prüfung erfolgt. Die Antragsteller müssen einen engen Antragsprozess durchlaufen und bestimmte Voraussetzungen erfüllen, damit sie eine Finanzierung ohne Eigenkapital erhalten.
- Die Antragsteller müssen eine überdurchschnittlich gute Kreditwürdigkeit vorweisen. Denn stehen keine eigenen finanziellen Mittel zur Verfügung, müssen die zukünftigen Eigenheimbesitzer ein hohes Einkommen vorweisen. Außerdem achten die Banken auf einen unbefristeten Arbeitsvertrag. Personen mit schwankendem Einkommen wie Selbstständige und Freiberufler haben es hingegen schwer, eine Vollfinanzierung zu erhalten.
- Ein tadelloser Schufa-Score stellt die oberste Voraussetzung für eine 100-Prozent Finanzierung dar. Außerdem sollten nicht zu viele finanzielle Verbindlichkeiten wie bereits laufende Kredite bestehen.
- Die Immobilie muss sich in einem sehr guten Zustand befinden. Ein sanierungsbedürftiges Gebäude in einer schlechten Wohngegend wird keine Bank finanzieren. Gut erhaltene Objekte in einer guten Wohngegend haben die beste Chance auf eine Darlehenszusage.
- Wenn möglich, sollten die Antragsteller die Kaufnebenkosten selbst aufbringen können. Denn Banken lassen sich lieber auf eine 100-Prozent Finanzierung als auf eine 110-Prozent Finanzierung ein. Denn Gelder, die für Makler und Notar ausgegeben wurden, haben keinen materiellen Gegenwert. Dadurch ist das Risiko für die Bank höher.
Ist eine Immobilienfinanzierung ohne Eigenkapital sinnvoll?
Nicht zu Unrecht empfehlen Experten bei einer Baufinanzierung mindestens 20 Prozent der Kaufsumme aus eigenen finanziellen Mitteln zu schöpfen. Dabei sollte auch immer ein Puffer für Ungeplantes einkalkuliert sein, um keine teure Nachfinanzierung beantragen zu müssen, wenn das Darlehen nicht ausreicht. Doch nicht jeder ist dazu in der Lage, Eigenkapital aufzubringen. In diesen Fällen bieten die Banken mit einer Vollfinanzierung Abhilfe.
Gegenüber einem Baukredit mit Eigenkapital hat die Baufinanzierung ohne Eigenkapital jedoch erhebliche Nachteile. Die Voraussetzungen für eine Zusage sind nicht nur strenger. Das Darlehen ist wesentlich teurer als eine klassische Finanzierung. Die Zinsen können zwei- bis dreimal so hoch ausfallen. Außerdem dauert die Tilgung länger. Problematisch ist insbesondere, dass der Marktzins aktuell zwar sehr niedrig ist. Wenn die Sollzinsbindung in zehn, 15 oder 20 Jahren allerdings abläuft, kann der Zinssatz viel höher ausfallen. Und da dann noch eine hohe Restschuld vorhanden ist, kann das Darlehen um einiges teurer sein als bisher.
Eine Finanzierung ohne Eigenkapital ist mit entsprechend guter Bonität machbar, aber nicht immer sinnvoll. Daher muss dieses Vorhaben gut durchdacht und alle Nachteile abgewogen sein. Und wer über finanzielle Mittel verfügt, sollte diese für sein Kauf- oder Bauvorhaben aufwenden.
Nachteile einer Finanzierung ohne Eigenkapital
Die Zinsen fallen zwei- bis dreimal so hoch aus wie für eine Finanzierung mit Eigenkapital.
Die Antragsteller müssen überdurchschnittlich gut verdienen und ein sicheres Einkommen haben.
Aufgrund der hohen Darlehenssumme dauert die Tilgung viel länger. Um die Summe in einem angemessenen Zeitraum zurückzubezahlen, ist meist ein hoher Tilgungssatz notwendig.
Die Wunschimmobilie muss einen sehr guten Gegenwert vorweisen. Mit baufälligen Gebäuden ist diese Finanzierungsform nicht realisierbar. Das liegt daran, dass die Bank in der Situation eines Ausfalls die Immobilie nicht angemessen verwerten kann. Der Beleihungswert der Immobilie ist für die Finanzierung ohne Eigenkapital entscheidend.
Steigt der Leitzins in den nächsten Jahren an, fällt die Anschlussfinanzierung entsprechend hoch aus und kann zu finanziellen Schwierigkeiten führen.
Ein weiterer Nachteil und nicht zu unterschätzendes Risiko ist, dass die Bank im Besitz der vollen Immobilie ist. Sollten die Kreditnehmer ihre Raten aufgrund von Krankheit oder Arbeitslosigkeit nicht mehr aufbringen können, versteigert der Kreditgeber das Eigenheim. Der Erlös bei einer Zwangsversteigerung liegt allerdings meist zehn bis 20 Prozent unter dem Marktwert. Das führt dazu, dass auch die Versteigerung nicht die vollen Schulden bei der Bank begleicht. Für den Kreditnehmer kann das bedeuten, dass seine Immobilie zwangsversteigert wurde und er weiterhin Schulden bei der Bank hat. Wenn dann keine finanziellen Mittel zur Verfügung stehen, kann das zur Privatinsolvenz führen.
Die passende Vollfinanzierung finden
Zunächst ist es wichtig, sich umfassend über die Risiken und Nachteile einer Baufinanzierung ohne Eigenkapital zu informieren. Wenn diese ordentlich abgewogen und durchdacht wurden und die Voraussetzungen für eine Vollfinanzierung erfüllt sind, kann es mit der Suche nach dem passenden Anbieter beginnen. Diese gestaltet sich allerdings komplexer als bei einer klassischen Finanzierung. Denn nicht jede Bank bietet solche Darlehen an. Zudem veröffentlichen nur wenige Kreditgeber ihre Zinsen für solche Finanzierungsformen. Das hat zur Folge, dass individuell angefragt werden muss.
Bei einer Finanzierung ohne Eigenkapital empfiehlt sich immer die Zusammenarbeit mit Kreditvermittlern. Sie wissen, welche Banken dieses Vorhaben unterstützen und wo es die besten Konditionen gibt. Unsere Experten sind Ihnen gerne dabei behilflich. Aus über 400 Partnerbanken können sie das passende Angebot für Ihre Vollfinanzierung finden.
Drei Tipps für Ihre Vollfinanzierung
- Schätzen Sie Ihre Finanzen realistisch ein
- Wählen Sie eine passende Tilgung
- Versicherungen abschließen und Hinterbliebene schützen
Eine Vollfinanzierung erfordert meist eine hohe Rate. Dabei sollten sich die Kreditnehmer aber nicht selbst überschätzen. Denn zur monatlichen Tilgung kommen noch Nebenkosten für das Haus und Lebenshaltungskosten. Daher ist es wichtig, die finanziellen Mittel realistisch zu kalkulieren und sich dabei nicht selbst zu überschätzen. Andernfalls kann der finanzielle Ruin drohen, wenn sich das Einkommen reduzieren oder längere Arbeitsunfähigkeit eintreten sollte.
Bei einer Vollfinanzierung verlangen Banken in der Regel einen Tilgungssatz von mindestens zwei Prozent. Ein höherer Satz bringt den Vorteil, dass das Darlehen schneller abbezahlt wird. Allerdings steigt dadurch auch die monatliche Belastung. Daher muss der Tilgungssatz den realistischen finanziellen Möglichkeiten angepasst sein.
Mit den entsprechenden Versicherungen können sich Kreditnehmer vor den finanziellen Folgen einer Zahlungsunfähigkeit schützen. Dazu gehört beispielsweise die Berufsunfähigkeitsversicherung bei Verlust der Arbeitskraft. Oder ein Krankentagegeld bei anhaltender Arbeitsunfähigkeit. Mit einer Risikolebensversicherung können die Eigenheimbesitzer zudem ihre Familie bei Tod oder Pflegebedürftigkeit absichern. Der passende Versicherungsschutz ist bei jeder Finanzierung wichtig, bei einem Immobilienkredit ohne Eigenkapital umso mehr.